Energiesparend forschen?

Wenn man an die großen Energiefresser denkt, kommt einem alles Mögliche in den Sinn. Standby-Modi, schlecht gedämmte Häuser, Fahrten mit dem PKW zum Zigarettenautomaten. Aber Hand auf’s Herz: Schon mal an die Wissenschaft gedacht? Ah, jetzt fällt vielleicht bei Ihnen der Groschen und Sie denken an den Teilchenbeschleuniger LHC in Genf. Sicher ein Energiefresser, aber auch die biomedizinische Forschung ist nicht ohne.

Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin-Buch hat seit seiner Gründung im Jahr 1992 immer wieder enorm in Infrastruktur investieren müssen, damit die Energieversorgung sichergestellt bleibt. Das fängt mit den Laboren an, die auf 18 Grad gekühlt werden müssen im Sommer (bzw. geheizt im Winter). Was kaum ein Mensch weiß: Die Abzüge in den Laboren haben eine Luftwechselrate von 8 Mal pro Stunde. Diese Luft muss temperiert werden. Einmal den Abzug offen stehen lassen, und der Energiebedarf eines Einfamilienhauses geht den Kamin hoch.

Unsere Wissenschaftler haben ihre Büros im größten Laborgebäude platt nach Süden raus, damit die Labore die schattige Nordseite haben. Das motiviert im Sommer, sich nicht allzu lange am Schreibtisch aufzuhalten… Was natürlich nicht der Zweck der Übung ist, sondern es geht ums Energiesparen. Und das heißt bei Laboren Kälte sparen, Wärme abweisen. Energiesparender Laborbau funktioniert also genau andersherum als energiesparender Haus- oder Bürobau. Weswegen an den Leitlinien für nachhaltigen Laborbau derzeit noch getüftelt wird, unter Mitwirkung auch des MDC.

Aber nicht nur die Bauten sind ein energetisches Problem. Heutige Wissenschaft ist eine gewaltige Materialschlacht. Der Server für unsere Systembiologen frisst mehr Strom, als die 30 KW Solaranlage auf dem Labordach liefert. Und es ist nur einer. An dem High-Tech-Einsatz führt aber andererseits kein Weg vorbei, vor allem wenn man heute größeren, bislang ungelüfteten Geheimnissen von Gesundheit und Krankheit auf die Spur kommen will.

Was das MDC vorhat, ist konsequent auf dezentrale Energieerzeugung, Kälteverbundnetze, hocheffiziente Wärmetauscher und die Schulung der Mitarbeiter zu setzen. Vor allem bei ersteren braucht der Forschungscampus in Buch den Schulterschluss mit seinen Nachbarn (das sind zuallererst die Wohnungsgesellschaften und die Kliniken), damit die erforderliche Ausfallsicherheit gewährleistet ist. Und es braucht Investitionen des Landes Berlin. Langfristig sparen diese viel Geld und sie leisten einen echten Beitrag für den Aufbau nachhaltigerer Energieversorgungsstrukturen. Ob wir das wohl hinbekommen?

Zum Hintergrund: Die Green Campus Broschüre des MDC.

 

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